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Urteil Versicherungsgericht (SG - MUV 2016/1)

Zusammenfassung des Urteils MUV 2016/1: Versicherungsgericht

Eine Frau hat beim Versicherungsgericht Mutterschaftsentschädigung beantragt, die abgelehnt wurde. Das Bundesgericht hob den Entscheid teilweise auf und verwies den Fall zur weiteren Abklärung der Arbeitslosigkeit zurück. Die Frau hatte intensiv nach Arbeit gesucht und arbeitete in einem Teilzeitjob sowie als Pflegemutter. Das Bundesgericht stellte fest, dass die Frau Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung hat, da sie zum Zeitpunkt der Geburt arbeitslos war. Der Entscheid des Versicherungsgerichts wurde aufgehoben, und die Sache zur Festlegung der Entschädigung zurück an die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen verwiesen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts MUV 2016/1

Kanton:SG
Fallnummer:MUV 2016/1
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:MUV - Mutterschaftsversicherung
Versicherungsgericht Entscheid MUV 2016/1 vom 25.10.2016 (SG)
Datum:25.10.2016
Rechtskraft:
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 16b Abs. 3 lit. b EOG i.V.m. Art. 29 Ingress und lit. b EOV. Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung bei Arbeitslosigkeit. Hier ist der Begriff der Arbeitslosigkeit nicht im Sinn von Art. 10 Abs. 3 AVIG zu verstehen, d.h. es ist keine Anmeldung beim RAV erforderlich. Materiell muss indessen Arbeitslosigkeit vorliegen. Die Betroffene muss somit gewillt sein, ihre Arbeitslosigkeit durch die Suche nach einer Teilzeit- oder Vollzeitbeschäftigung als unselbstständige Erwerbstätigkeit zu beenden (E. 1), was die Beschwerdeführerin in casu darlegen konnte. An den Nachweis dürfen keine hohen Anforderungen gestellt werden (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. Oktober 2016, MUV 2016/1).Entscheid vom 25. Oktober 2016
Schlagwörter: Mutter; Arbeitslosigkeit; Mutterschaft; Mutterschaftsentschädigung; Versicherungsgericht; Anspruch; Entscheid; Erwerbstätigkeit; Beitragszeit; Zeitpunkt; Stellensuche; Erwerbsersatz; Bundesgericht; %-Pensum; Geburt; Taggeld; Gallen; Niederkunft; Urteil; Versicherungsgerichts; Abklärung; Woche; Pflegekind
Rechtsnorm: Art. 10 AVIG;Art. 13 AVIG;Art. 9a AVIG;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Verwaltungsgerichts MUV 2016/1

Besetzung

Präsidentin Lisbeth Mattle Frei, Versicherungsrichterinnen Christiane Gallati Schneider

und Marie-Theres Rüegg Haltinner; Gerichtsschreiber Jürg Schutzbach Geschäftsnr.

MUV 2016/1

Parteien

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    gegen

    Sozialversicherungsanstalt des Kantons St. Gallen, Ausgleichskasse, Brauerstrasse 54, Postfach, 9016 St. Gallen,

    Beschwerdegegnerin,

    Gegenstand

    Mutterschaftsentschädigung (Taggeldberechtigung ALV) Sachverhalt

    A.

    1. Mit Entscheid vom 2. Juli 2015 (MUV 2014/1) wies das hiesige Versicherungsgericht den Antrag von A. auf Mutterschaftsentschädigung ab. Dabei war namentlich umstritten, ob die Beschwerdeführerin einen Leistungsanspruch aus einer früher ausgeübten unselbstständigen Erwerbstätigkeit ableiten kann. Die Beschwerdeführerin machte geltend, infolge einer später ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit habe sich die Rahmenfrist für die Beitragszeit um zwei auf vier Jahre verlängert (Art. 9a Abs. 2 AVIG), womit sie im Zeitpunkt der Niederkunft etwas über 15 Monate Beitragszeit vorweisen könne. Sie habe damit gemäss Art. 29 lit. b EOV Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung. Dem hielt das Versicherungsgericht entgegen, die Frage könne offen gelassen werden, sei doch die Beschwerdeführerin jedenfalls nicht materiell arbeitslos gewesen (E. 2.3).

    2. Mit Urteil vom 16. August 2016 hiess das Bundesgericht die dagegen erhobene Beschwerde vom 21. August 2015 teilweise gut und hob den Entscheid des Versicherungsgerichts vom 2. Juli 2015 auf. Es stellte zunächst fest, dass die Beitragszeit erfüllt sei und wies die Sache zur ergänzenden Abklärung der materiellen Arbeitslosigkeit an das Versicherungsgericht zurück (act. G 1).

    3. Auf entsprechende Anfrage des Versicherungsgerichts vom 31. August 2016 teilt die Beschwerdeführerin mit, sie habe im Juli 2013 mit der Stellensuche begonnen. Sie sei auf der Suche gewesen nach einer 80 %-Anstellung. Im März 2015 sei ihr die Stelle bei B. zugesichert worden. Sie arbeite immer noch dort in einem 30 %-Pensum.

Zusätzlich habe sie einen Tag pro Woche ein Pflegekind, sei also aktuell zu 50 % ausgelastet. Die Arbeitsbemühungen bei den diversen aufgeführten potentiellen Arbeitgebenden seien schriftlich, persönlich und telefonisch erfolgt. Die Anstellung bei B. habe sie dann durch persönliche Vorsprache erhalten. Aus dem schriftlichen Arbeitsvertrag geht schliesslich hervor, dass die Stelle am 4. August 2015 angetreten wurde (act. G 2, 3 und 3.1). Die Beschwerdegegnerin verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen

1.

Gemäss Art. 16b Abs. 3 lit. b des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung (SR 834.1, Bundesgesetz über den Erwerbsersatz für Dienstleistende und bei Mutterschaft [EOG]) in Verbindung mit Art. 29 Ingress und lit. b der Verordnung über die Erwerbsersatzordnung (SR 834.11 Verordnung zum Erwerbsersatzgesetz [EOV]) hat eine Mutter, die im Zeitpunkt der Geburt arbeitslos ist infolge Arbeitslosigkeit die erforderliche Mindesterwerbsdauer nach Artikel 16b Absatz 1 lit. b EOG nicht erfüllt, Anspruch auf die Entschädigung, wenn sie bis zur Geburt ein Taggeld der Arbeitslosenversicherung bezog am Tag der Geburt die für den Bezug eines Taggeldes nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz (837.0 [AVIG]) erforderliche Beitragsdauer erfüllt. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist der Begriff der "Arbeitslosigkeit" gemäss Art. 16b Abs. 3 EOG und Art. 29 EOV nicht im Sinn von Art. 10 Abs. 3 AVIG zu verstehen. Es ist mithin nicht vorausgesetzt, dass die Mutter beim Arbeitsamt gemeldet ist. Eine Abweichung gegenüber dem AVIG ist jedoch nur hinsichtlich des formellen Erfordernisses der Anmeldung beim RAV zulässig. Materiell muss Arbeitslosigkeit vorliegen. Die Betroffene muss somit gewillt sein, ihre Arbeitslosigkeit durch die Suche nach einer Teilzeit- Vollzeitbeschäftigung als unselbstständige Erwerbstätigkeit zu beenden. An den Nachweis der Arbeitssuche dürfen naturgemäss keine allzu grossen Anforderungen gestellt werden, zumal keine Anmeldung beim Arbeitsamt zur Arbeitsvermittlung verlangt wird (Urteil des Bundesgerichts 9C_577/2015 vom 16. August 2016 E. 4.1 mit Hinweisen und E. 4.2.2). Mithin ist davon auszugehen, dass die materielle Arbeitslosigkeit, das heisst die Stellensuche, mindestens glaubhaft zu machen ist.

2.

    1. Im vorliegenden Verfahren reicht die Beschwerdeführerin einerseits einen Arbeitsvertrag vom 31. Juli 2015 betreffend Teilzeitbeschäftigung bei B. ein. Im Weiteren macht sie geltend, sie sei von Juli 2013 bis März 2015, als ihr die Stelle bei B. zugesichert worden sei, intensiv auf Stellensuche gewesen. Sie habe eine 80 %-

      Stelle als Coiffeuse gesucht. Dazu listet sie 25 Stellenbemühungen auf, mehrheitlich bei Coiffeursalons, teilweise auch bei Tankstellenshops in ihrer Wohnregion. Zudem macht sie geltend, sie betreue zusätzlich zum 30 %-Pensum bei B. noch ein Pflegekind während eines Tages pro Woche (entsprechend einem 20 %-Pensum), sodass sie insgesamt zu 50 % erwerbstätig sei (act. G 3 und 3.1). Diese Angaben erscheinen insgesamt glaubhaft. Weitere Abklärungen - namentlich bei den angegebenen potentiellen Arbeitgebenden - erscheinen wenig erfolgversprechend, verfügen doch kleinere Betriebe oft nicht über eine ausgebaute Bewerbungsadministration, so dass nicht anzunehmen ist, diese könnten heute noch über persönliche gar telefonische Stellennachfragen der Beschwerdeführerin zuverlässig Auskunft erteilen. Es ist somit davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin, die mindestens von Januar 2009 bis August 2013 in unselbstständiger selbstständiger Stellung erwerbstätig war und seit August 2015 wieder ist, auch zum Zeitpunkt der Niederkunft am 9. Oktober 2013 den Status einer Stellensuchenden hatte bzw. generell die Absicht, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, mindestens bis zu diesem Zeitpunkt nicht aufgegeben hatte.

    2. Das Bundesgericht hat mit Entscheid vom 16. August 2016 bereits festgestellt, dass das Erfordernis der genügenden Beitragszeit nach Art. 13 AVIG erfüllt ist. Gleichzeitig hat es einen Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung alleine vom Vorliegen der in diesem Verfahren zu prüfenden materiellen Arbeitslosigkeit abhängig gemacht (E. 4.3.6). Nachdem nunmehr von einer solchen auszugehen ist, ist die Beschwerde dementsprechend gutzuheissen.

3.

    1. In Gutheissung der Beschwerde ist der angefochtene Einspracheentscheid vom 7.

      April 2014 aufzuheben und festzustellen, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf

      Mutterschaftsentschädigung hat. Die Sache ist zu deren Bemessung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG).

Entscheid

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP

1.

In Gutheissung der Beschwerde wird der angefochtene Einspracheentscheid vom 7. April 2014 aufgehoben und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung hat.

2.

Die Sache wird zwecks masslicher Festlegung der Entschädigung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

3.

Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

Quelle: https://www.sg.ch/recht/gerichte/rechtsprechung.html
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